Straßenseitige Stahl-Glas-Fassade

Kantgaragen-Palast in Berlin – Bestandsanalyse an Europas ältestem Parkhaus

Der 1930 bis 1936 errichtete und seit 1991 in der Berliner Denkmalliste eingetragene Kantgaragen-Palast ist europaweit das älteste Parkhaus, welches nach wie vor in Betrieb ist. Für dieses Gebäude hat die KREBS+KIEFER GmbH eine Bestandsaufnahme und rechnerische Untersuchung der Tragkonstruktion durchgeführt.

Der 1930 bis 1936 errichtete und seit 1991 in der Berliner Denkmalliste eingetragene Kantgaragen-Palast ist europaweit das älteste Parkhaus, welches nach wie vor in Betrieb ist. Für dieses Gebäude hat die KREBS+KIEFER GmbH eine Bestandsaufnahme und rechnerische Untersuchung der Tragkonstruktion durchgeführt.

Das Parkhaus Kantstraße besteht aus einem insgesamt siebengeschossigen Stahlbetonskelett mit einachsig gespannten Deckenplatten, dreifeldrigen Nebenunterzügen und in Gebäudelängsrichtung durchlaufenden Hauptunterzügen. Die Lasten der Parkebenen werden von weitestgehend regelmäßig angeordneten Stützen abgetragen, die lediglich über der Garageneinfahrt abgefangen werden.

Die straßenseitige Fassade der Kantgarage ist vom 1. bis zum 5. Obergeschoss auf etwa 9,5 m Breite als Stahl-Glas-Konstruktion ausgebildet, die aus durchlaufenden Pfosten NP 80 und Fassadenriegeln auf jeweils halber Geschosshöhe besteht.

Die Ausführung der Kantgarage erfolgte zunächst bis zum 4. Obergeschoss. In den Jahren 1936 und 1937 wurde eine Aufstockung durch etwa 5 m hohe und 20 m weit gespannte Stahlbetonrahmen in Gebäudequerrichtung mit Zugbändern in der obersten Zwischendecken-Ebene und in Gebäudelängsrichtung durchlaufenden Stahlbeton-Pfetten vorgenommen.

Die Aussteifung der Skelettkonstruktion übernehmen die Stahlbetonkerne der Treppenhäuser und zwei weitere Stahlbeton-Querwände.

Besonders hervorzuheben ist die Rampenkonstruktion der Kantgarage, die in Europa erstmalig als ineinander geschachtelte Wendel ausgeführt wurde.

Rechnerische Untersuchung der Standsicherheit

Die Untersuchung der Standsicherheit des Stahlbetontragwerks der Kantgarage erfolgte an einem räumlichen Berechnungsmodell unter Zugrundelegung der 1929 vorgesehenen Nutzlasten, welche abgesehen von den Rampenbereichen etwa den heutigen Anforderungen entsprechen: Für die Untergeschossdecke wurden eine Flächenlast von 8 kN/m² und alternativ zwei bauteilabhängige Einzellasten von 10 kN bis 25 kN –, für die Erdgeschoss- sowie die Obergeschossdecken eine Flächenlast von 3 kN/m² angesetzt.

Die Materialeigenschaften für die rechnerische Untersuchung der Stahlbetonkonstruktion wurden zunächst aus der statischen Berechnung von 1929 entnommen. Demnach ist für die Herstellung des Betons „hochwertiger Zement“ und für die Bewehrung Handelseisen (St 37) verwendet worden. Die damalige Bemessung der Stahlbetonkonstruktion erfolgte entsprechend den Deutschen Bestimmungen von 1925 für die Ausführung von Eisenbeton- und Betonbauwerken unter Zugrundelegung einer bauteilabhängigen, zulässigen Betonspannung von 45 kg/cm² bis 60 kg/cm² und einer Stahlspannung von 1200 kg/cm².

Als Ergebnis der rechnerischen Untersuchungen lassen sich unter anderem die Stützenausnutzungsgrade angeben. Diese überschreiten erwartungsgemäß an Stellen mit unregelmäßiger Tragstruktur, z. B. der Stützenabfangung über dem Einfahrtsbereich, die nach damaligem Stand der Technik rechnerisch schwer erfassbar waren, den zulässigen Grenzwert von 1,0. Des Weiteren ergeben sich für die Zweigelenkrahmen des 5. Obergeschosses mangels Vorspannung der Zugbänder in der obersten Zwischendecken-Ebene rechnerische Tragsicherheitsdefizite.

Schadenserfassung und Materialuntersuchung

Zur Bewertung des Erhaltungszustands der Kantgarage wurde eine systematische Erfassung und Kartierung sämtlicher Tragwerksschäden sowie eine stichprobenartige Materialuntersuchung durchgeführt. Die Stahlbetondecken weisen über dem Untergeschoss sowie in Durchfahrts- und hoch beanspruchten Bereichen (z. B. an rechnerisch nicht berücksichtigten Auflagern) zahlreiche Risse, Durchfeuchtungen, Ausblühungen und Betonabplatzungen über der Bewehrung auf. Nach den stichprobenartigen Materialuntersuchungen an den Deckenplatten und -unterzügen ist aufgrund der ins Bauteilinnere fortgeschrittenen, chemischen Reaktion des Zementsteins mit dem Kohlendioxid der Luft das für den Korrosionsschutz der Bewehrung erforderliche, alkalische Milieu aufgehoben. Des Weiteren überschreitet der Chloridgehalt des Betons deutlich den kritischen Grenzwert zur Vermeidung einer Lochfraßkorrosion der Stahleinlagen. Die örtlich freigelegte Bewehrung der aufgehenden Bauteile weist dennoch nur geringe Querschnittsverluste auf.

Auf Grundlage der Schadenskartierung, der stichprobenartigen Materialuntersuchungen und rechnerischen Nachweise zur Standsicherheit der Stahlbetonkonstruktion werden nun die Kosten für deren Instandsetzung ermittelt.