Wird ‚nachhaltig‘ das neue ‚Normal‘?

Es ist eine beachtliche Karriere, die das Wort Nachhaltigkeit in den letzten Jahren gemacht hat. Keine Erklärung, kein Blick in die Zukunft, keine Werbebotschaft, in der das Wort nicht vorkäme. Höchste Zeit, den Begriff einmal unter die Lupe zu nehmen. In welchem Bereich könnten wir das besser tun, als dort, wo wir uns am besten auskennen: in der Baubranche. 

Ein Problem mit Tradition

Unsere Ressourcen sind begrenzt. Eine Erkenntnis, der sich schon im Jahr 1711 Oberbergbauamtmann Hanno Carl von Carlowitz zu stellen wusste. Mit seinen holzfressenden Schmelzöfen stand der kursächsische Silbertagebau vor einer handfesten Rohstoffkrise und Carlowitz suchte nach Auswegen. Seine Lösungsansätze fasste unter dem Titel „Sylvanicultura oeconomica“ (Waldwirtschaft) zusammen und forderte im Sinn von Produktion und nachfolgenden Generationen einen möglichst schonend Umgang mit der Umwelt. Sein Fazit: Vom Ertrag zu leben, ohne die Substanz anzugreifen.

Drei Säulen der Nachhaltigkeit

Längst ist der Diskurs um Nachhaltigkeit auch in unserer Branche angekommen. Wenn wir von nachhaltigem Bauen sprechen, dann sprechen wir vom bewussten Einsatz der Ressourcen, wir sprechen von der Minimierung des Energieverbrauches und wir sprechen vom Umweltschutz. Global basiert das Nachhaltigkeitskonzept auf der Umsetzung des so genannten Dreisäulenmodells. Bauprojekte sind nur dann nachhaltig, wenn ökonomische, ökologische und soziokulturelle Standards in die Planung integriert und umgesetzt werden. Je nach Art, Nutzung oder Standort des Bauwerkes ergeben sich so unterschiedliche Anforderungen an die Planung.

 

Nachhaltigkeit ist nicht Energiesparen allein. Sie ist ein diffiziles Ausloten unterschiedlicher Anforderungen.

Bei der Umsetzung der ökonomischen Ziele geht es darum, Gebäude wirtschaftlich sinnvoll und über den gesamten Lebenszyklus hinaus zu planen. Das bedeutet für uns, sämtliche Phasen, von Errichtung über Betrieb und Abriss bis hin zur Wiederverwertung, mitzudenken. 

Gleiches auf ökologischer Ebene. Können wir Transportwege einsparen? Wie halten wir den Energieverbrauch gering? Ist die Nutzung von recycelten Materialen möglich? Auf diese und mehr Fragen müssen wir immer wieder neue Antworten finden. Auch im soziokulturellen Bereich müssen wir Lösungen finden, die den Menschen konsequent in den Mittelpunkt stellen. Es geht um Wärme und Kühlung, um Luft, um Ruhe. Es geht um sichere Mobilität, um urbane Räume zum Wohnen und Arbeiten. Es geht vor allem um eins: Um Lebensqualität. 

Der Paradigmenwechsel in der Baubranche bedeutet einen erheblichen Aufwand. Ein Aufwand jedoch, der sich lohnt. Davon sind wir überzeugt. Die Qualität der Planung erreicht damit ein neues Niveau. In der Spezifizierung der unterschiedlichen Disziplinen liegt unsere Kernkompetenz. Genau hier leben wir Innovation.

 

 

Neue alte Rohstoffe

Das Recycling von Baustoffen hat in der ressourcenverbrauchenden Baubranche große Bedeutung. ‚Cradle to Cradle‘ (von der Wiege zur Wiege) ist ein Begriff aus der Konsumwirtschaft, der die Idee beschreibt, Rohstoffe so zu generieren und zu verarbeiten, dass sie von der Begrenztheit der Lebensdauer befreit sind. Sie behalten ihren Wert und beginnen immer wieder an der „Wiege“. Die Stadt als Rohstoffquelle ist das Leitmotiv von ‚Urban Mining‘. Es geht darum, Material da zu gewinnen, wo es vorkommt. In der Stadt. Beton, Ziegel oder Mauerwerk von Bauwerksabbrüchen bieten sich da förmlich an. Ressourcen werden gespart, Transportwege minimiert.

Navigationsbegriff für die Reise in die Zukunft

Nachhaltiges Bauen ist eines der großen Entwicklungsfelder, auf dem sich KREBS+KIEFER leidenschaftlich engagiert. Nachhaltigkeit ist dabei für uns keine unverrückbare Größe, sie ist ein Leitbild für Innovation und Weiterentwicklung. Sie ist keine Zielvorgabe, sondern ein langfristiger und lebendiger Prozess. Sie ist ein Navigationsbegriff für die Zukunft.

Im Gespräch

Jan Akkermann plant und forscht bei Konstruktionen von Hoch- und Ingenieurbauwerken. Sein Fokus liegt hierbei auf Ressourceneffizienz und dem Erhaltungsmanagement. Bei KREBS+KIEFER verantwortet er u.a. erdbebensichere Großprojekte, Versammlungsstätten und nachhaltige Verkehrswasserbauwerke. 

 
Prof. Dr.-Ing. Jan Akkermann

Geschäftsführender Gesellschafter
Beratender Ingenieur VBI
Professor an der Hochschule Karlsruhe

  • Studium des Bauingenieurwesens
  • Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Karlsruhe
  • seit 2000 als Projektleiter bei KREBS+KIEFER
  • seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter
  • seit 2012 Professor für Konstruktiven Ingenieurbau im Infrastrukturerhalt

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